Von der Camera Obscura zur Lochkamera

22 Feb

Von der Camera Obscura zur Lochkamera

Allgemein

Zur Geschichte der Fotografie

 

Schon frühzeitig waren die Menschen bemüht, ein Bild von sich zu machen oder die sie umgebende Natur sowie die Tierwelt abzubilden. Es begann mit der Höhlenmalerei in der späten Steinzeit – also zwischen 15 000 und 10 000 v. Chr.  Damals malten, drückten oder kratzten die Menschen Bilder auf Höhlen – und Felswände. Berühmt wurden  die Höhlenmalereien von Lasceaux. Sie entstanden um 15.000 v. Chr. und umfassten 300 farbige Felsbilder sowie 1500 Ritzzeichnungen.  Die Fachwelt lobte insbesondere die – für damalige Verhältnisse  – außergewöhnliche Lebensnähe der Kunstwerke. Denn beim Betrachten lösten die Bewegungsabläufe von Pferden, Bisons und Stieren unwillkürlich Vorstellungen von stampfenden Hufen aus. Die farbigen Bilder wurden mit einer Mischung aus rotem und gelbem Ocker, Umbra, Holzkohle und Kalk gemalt, dann auf Steinpaletten übertragen und anschließend mit Tierfett vermengt. Da es noch keine Pinsel gab, dienten Finger, Knochenstücke, Zweige, Moos- oder Fell-„Pinsel“ als Ersatz.

Die Experten sind sich weitgehend darin einig, dass vor allem religiöse Motive der Beweggrund für diese Malereien waren. So erklärte der  Prähistoriker Abbé Breuil die Entstehung mit dem Hinweis auf das schwierige Leben in der Eiszeit. Es gab einen fortwährenden Kampf um genügend Nahrung.  Die Höhlenmalereien seien der Versuch gewesen, magische Kräfte zu beschwören, um so bei der Jagd erfolgreicher zu werden.

Über Jahrhunderte hinweg änderte sich an dieser Art der Abbildung nichts. Einen ersten Anstoß für eine andere Methode gab es, als Aristoteles (384–322 v. Chr.) die Sonnenfinsternis in einem Baumschatten beobachtete. Dabei machte er eine entscheidende Entdeckung: zu seiner großen Verwunderung projizierten die Lücken zwischen den Blättern ein spiegelverkehrtes Abbild der Sonnensichel auf den Boden. Nachdem er intensiver über dieses Phänomen nachgedacht hatte, schrieb er seine Erkenntnisse in der Schrift Problemata physica nieder. Danach bildet dass Licht von der Sonne zum Loch und von diesem zur Erde einen Doppelkegel und zeigt deshalb die Sonnensicheln verkehrt herum. Damit beschrieb Aristoteles bereits das Grundprinzip der Camera Obscura. Doch es dauerte noch weitere Jahrzehnte, bis sie entwickelt wurde.

Jeder kann den von Aristoteles entdeckten Effekt nachvollziehen. Erste Voraussetzung: ein Raum ohne Fenster in den kein Licht hineinfällt – bis auf das Schlüsselloch. Zweite Voraussetzung: vor dem Schlüsselloch muss es sehr hell sein. Nun stelle man einen beliebigen angestrahlten Gegenstand vor die Tür. Nun halte man im dunklen Raum ein weißes Blatt Papier wenige Zentimeter entfernt vor das Schlüsselloch. Was wird auf den Papier sichtbar? Der helle Raum vor der Tür sowie der Gegenstand – und zwar  spiegelverkehrt.

 

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Quelle: Fotogruppe Rottweil, die Lochkamera

 

In China machte Mo Tzu ( 470 – 391 v. Chr.)  weitere Entdeckungen.  Nummer 1:  Objekte reflektieren Licht in alle Richtungen. Nummer 2: Strahlen von der Spitze eines Objektes rufen den unteren Teil eines Bildes hervor, wenn sie durch eine Öffnung hindurchgehen. Auch er beschreibt, daß Lichtstrahlen, die durch ein schmales Loch dringen, auf einer gegenüberliegenden Wand ein Abbild erzeugen können, das den Objekten vor dem Loch entspricht. Schließlich beschäftigte er sich intensiv mit den Schattenbildungen. Dabei gelangte er zu der Erkenntnis, daß sie ihre Form deswegen erhalten, weil sich Licht geradlinig ausbreitet. Damit hatte der Chinese bereits das erste  Gesetz zur Optik formuliert. Doch damit nicht genug. MoTzu erkannte eine weitere Gesetzmäßigkeit. Er erklärte, warum Bilder, welche entstehen wenn Licht durch eine kleine Öffnung in einen abgedunkelten Raum spiegelverkehrt sind. Damit hatte er die Rolle der Blendenöffnung bei der Bildentstehung entdeckt.

Abu Ali al Hasan Ibn al – Heitham (965 – 1039), besser unter dem Namen Alhazen bekannt, lebte in Alexandria und Kairo und galt als genialer Mathematiker, Optiker und Astronom. Er leistete einen entscheidenden Beitrag für die Entwicklung von Linsen. Ausgangspunkt war sein Experiment mit drei Laternen, deren Strahlen durch eine kleine Maueröffnung auf die Innenwand eines abgedunkelten Raumes projiziert wurden. Damit bewies er, daß sich Licht linear ausbreitet und  erkannte, daß beim Sehen Licht ins Auge reflektiert wird. Weiterhin war ihm klar, daß die Lochöffnung sehr klein sein mußte, um eine scharfe Abbildung zu erzielen. Auf dieser Basis leuchtete ihm schließlich auch die Bedeutung von konkaven, konvexen Linsen und Spiegeln auf die Bildentstehung ein. Außerdem erkannte er die spezifische Eignung gewölbter Glasoberflächen für die optische Vergrößerung. Ergebnis: Er stellte Lesesteine her und gilt somit als Erfinder der Lupe.

Zwischen 1015 und 1021 arbeitete er an seinem großen Werk über Optik in dem die Funktionsweise des Auges erstmalig mit einer Kamera verglichen wurde.  1270 wurde Alhazens Buch ins Lateinische übersetzt wodurch sein Wissen das westliche Europa erreichen kann.

Erste bedeutsame Experimente mit der Camera Obscura führte  Leonardo da Vinci durch. Wie schon bei der Höhlenmalerei waren die damaligen Künstler bestrebt, die Natur möglichst originalgetreu wiederzugeben. Dafür waren die Lochkamera und die Camera Obscura  bestens geeignet. Denn nachdem das Bild auf die Leinwand projiziert wurde, mußte der Maler es nur noch nachzeichnen.

Ein weiteres zentrales Thema des Leonardo war die Funktionsweise des Auges. Das war schon damals ein wichtiges medizinisches Thema, z.B. wenn es um Fehlsichtigkeiten ging, die zu korrigieren waren.  Andererseits interessierte sich aber auch die Kunst dafür, wie im Auge ein Bild entsteht. Die Camera Obscura erwies sich als Prototyp des Auges sowie des Fotoapparats.

Unabhängig voneinander haben Leonardo da Vinci und Johannes Kepler das Auge mit einer Kamera verglichen. Beide waren überzeugt,  dass das Auge wie die Camera Obscura funktioniert. Die Bildentstehung in der Linse wurde erstmalig vollständig korrekt von Kepler (1604) beschrieben.

Eine Bauanleitung für eine Lochkamera finden Sie hier:

https://webshop.neckar-verlag.de/fileadmin/pdf/Lochkamera%20Lk10_N.pdf

 

 

Fotografieren mit einer Lochkamera

Lochkameras lassen sich z. B. aus Kartonschachteln, Getränke- oder Keksdosen bauen. Kurz gesagt: So gut wie jeder lichtdichte Behälter kann zu einer Lochkamera umgebaut werden. Es genügt ein Loch, ein Deckel und eine Möglichkeit zum Befestigen eines lichtempfindlichen Papiers. Bereits mit dieser primitiven Version  können interessante Fotos gemacht werden. Bessere Ergebnisse sind möglich, wenn man eine einfache Leselupe einbaut und die Belichtungszeit verringert.

Worauf müssen Sie beim Selbstbau einer Lochkamera vor allem achten? Auf die präzise Ausführung des Loches. Folgende Bedingungen sind zu erfüllen: 1. Es darf nicht größer als einen Millimeter sein; 2. es muß rund und gratfrei sein und 3. hundertprozentig lichtdicht.

Das Loch stechen Sie am besten mit einer Nadel ein und entfernen  dann mit feinstem Schleifpapier jede Unebenheit so dass es exakt kreisrund ist.

 

camobsc1[1]

 

Quelle: Martin Baselt, Natur des Lichts

 

Wer mehr wissen will, kann sich hier inspirieren lassen:

http://www.wissenschaft-schulen.de/sixcms/media.php/1308/Lochkamera.pdf

http://www.prophoto-online.de/fotopraxis/lochkamera-10009108

Eine Anmerkung zum Schluß: Wie gut sind die Fotos, die man mit einer Lochkamera machen kann? Mein Fazit: Mich haben die Ergebnisse total überrascht. Nicht alle, aber sehr viele fand ich echt beeindruckend. Googeln Sie doch zum Spaß mal mit den Stichworten „Fotos mit der Lochkamera“. Hier eine  kleine Auswahl: 1. kirsten t bei „fotocommunity“ 29.03.2010 um 9:46 Uhr. Diese edlen Schwarz-Weiß- Landschaften zeichnen sich durch eine hoch emotionalisierende Weichheit aus. 2. Überragend sind die Landschaften in Farbe von Herbert Becke ( „der Becke“), 3. Die architektonisch orientierten Stadtbildnisse von Martin Schmidt sind auf jeden Fall ein Blick wert.

 

Und hier sind die dazugehörigen Links:

http://kirstenthormann.de/

http://www.derbecke.de/index2.html

http://www.schmaidt.de/

 

Autor: Horst Buchwald

Die Einzigartigkeit des Paradie… März 15, 2016